Kaffeefahrt oder Nachhilfestunde – AfD erklärt Alternativen Medien den Job

1. Kongress freie Medien AfD-Fraktion Bundestag
1. Kongress freie Medien AfD-Fraktion Bundestag

Augenzeugenbericht:

Kann die AfD mit Kritik von freien Berichterstattern umgehen? Wir werden sehen. Vorweg muss gesagt werden, die folgend beschriebene Veranstaltung war eines der peinlichstes Erlebnisse unseres Reporters, im Umfeld von Medienberichterstattung. Es wäre zu vermuten gewesen, aber bei der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag? Hier der Augenzeugenbericht, zur Veranstaltung “1. KONFERENZ DER FREIEN MEDIEN” der AfD Fraktion im Deutschen Bundestag.

Einladung/Programm der Veranstaltung

Schnittchen als Einstieg

Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden. Das sich Journalisten nicht ungern anfüttern lassen, und somit in geneigte Stimmung kommen, ist nicht neu. Warum soll das nicht bei alternativen Berichterstattern funktionieren? Mit gut gelaunten, gut versorgten Gästen aus Medien und AfD startet die Veranstaltung gegen 10.00 Uhr am 11.05.2019 im Fraktionssaal der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Lobgesänge auf die anwesenden Macher ertönen nach der offiziellen Begrüßung. An dieser Stelle war unser Reporter froh, dass diese Huldigungen nicht noch getanzt wurden. Wer zu diesem Zeitpunkt als Medienmacher nicht wenigstens ein bisschen peinlich berührt war, sollte darüber nachdenken, ob er für seinen Job empfindsam genug ist.

Der Kasper und das Krokodil 

So wirkte es direkt im Anschluss. Es fehlte nur noch: “Seid ihr alle da?” und die brave Antwort: “Jaaa.”. Zum Entertainer ist bekanntlich nicht jeder Mensch geboren. In der Alternative für Deutschland verhält es sich ebenso. Auf jeden Fall konnten Nicole Höchst (MdB) und Uwe Schulz (MdB) in entsprechender Rolle nicht glänzen.

AfD MdB´s und Veranstalter im Namen der AfD-Bundestagsfraktion: v.l.r. Udo Hemmelgarn, Petr Byston, Nicole Höchst, Uwe Schulz (Bildquellen: Wikipedia/CC-Lizenz)

Skurril wurde es auch bei der Frage wie viel Post so ein Mitglied des Bundestags bekommt. Da tauchten wirklich ungewöhnliche Maßeinheiten auf. “Hectokubikmeterweise” soll schriftliches Material auf die Abgeordneten einprasseln. Kubikhectometer, das Raummaß von je einem Hektometer Länge zu Breite und Höhe war wohl gemeint. Gut, das war eher etwas zum Schmunzeln.

Doch zu diesem Zeitpunkt fängt die Veranstaltung an, wie eine Kaffeefahrt zu wirken. Im weiteren Verlauf auch noch wie eine Nachhilfestunde für Jungjournalisten. Die verantwortlichen AfD´ler versuchten sich als Partner und Leidensgenossen der freien Medien dazustellen. Eine ungewöhnliche Plauderei ist das, bedenkt man, dass die Freie Presse ein kritischer Beobachter jeder politischen Partei sein muss.

Ein bisschen Nachhilfe in Rechtskunde

Dr. Ralf Höcker von der Kanzlei Höcker und Partner gibt sodann ein Praxisseminar. Dieses wurde im Vorfeld als “Öffentlichkeitsarbeit: Rechtssicher formulieren – Risiken und Nebenwirkungen” angekündigt.

Dr. Ralf Höcker (Bildquelle: Wikimedia CC-Lizenz)

Im Ergebnis wussten die Teilnehmer auch um einige Fälle die Höcker und Partner gewonnen haben endlich gut Bescheid. Darüber hinaus wurde über Bildrechte, Zitatrecht und Urheberrecht gesprochen. Die Informationen waren von einer Qualität, dass sie erstzunehmenden Journalisten nichts vermitteln konnten, womit die nicht regelmäßig und solide umgehen müssten.

Wer ernsthaft in den Medien arbeitet, muss über dieses Wissen verfügen. Es gehört zu Grundstock einer Ausbildung in den Medien. Somit machte das Ganze den Eindruck von Nachhilfe für Berufsanfänger. Mehrere ernsthafte Medienleute waren zu diesem Zeitpunkt mindestes irritiert, wenn nicht schwer genervt.

Vereinnahmung der Freien Medien – Plumper geht es nicht

Vor und nach der Mittagspause ging es anscheinend nur noch darum, die freien Medienmacher zu vereinnahmen. Da halfen auch keine Beteuerungen des Bloggers Dr. David Berger („Philosophia Perennis), der mehrmals beteuerte, es ginge hier nicht um eine Kuschelveranstaltung mit der AfD.

Dr. David Berger (Bildquelle: Wikimedia CC-Lizenz)

Der Programmpunkt vor der Pause lautete: “Diskussionsrunde Fraktion und Vereinigung freier Medien”. Vereinigung? Wohl selbstverständlich nicht. Der interessantere Teil war dann der, der sich mit dem Verein “Vereinigung freier Medien e.V.” des Dr. David Berger beschäftigte.

Das Thema ist an sich interessant. Es ist nur keins, das mit der AfD im Bundestag besprochen werden sollte, will man wirklich als frei und unabhängig wahrgenommen werden.

Böse Zungen würden schnell behaupten, es sei doch ein denkbarer Plan der AfD, die alternativen Medien zu bündeln, um sie dann als Hofberichterstattungs-Organe zu nutzen. Von Journalismus wäre das ganz weit entfernt.

Nach dem Mittag wird ersichtlich, wie groß der Wunsch bei einigen Teilnehmern der Konferenz ist, “einem Herren zu dienen”. Es werden drei Arbeitsgruppen gebildet. Diese verteilten sich auf unterschiedliche Räume und endlich, jetzt werden Matratzen, Decken und überteuertes Geschirr angeboten. Nein im Ernst, Fragebögen mit folgendem Inhalt liegen bereit. Diese sind von der AfD ausgegeben. Es wird um Beantwortung gebeten.

Welche Wünsche haben Sie an die AfD-Fraktion?

Wie können wir gegen Massenmedien bestehen? [Petr Byston (AfD) erklärt, gemeint sind die freien Medien]

Wie kann der Leserkreis erhöht werden?

Welche Synergieeffekte bestehen?

Ab diesem Zeitpunkt ist eindeutig klar, um Journalismus kann es hier nicht gehen. Manch Möchtegern-Pressevertreter gibt seine Rolle als Fragender vollständig auf und mutierte zum Bittsteller. Einige Verkünder der alternativen Wahrheit suchten ganz unverblümt nach Schutz und Absicherung. Offensichtlich möchte man schon patriotisch berichten, aber bitte nicht das Risiko von finanziellen Einbußen alleine tragen.

Echter unbequemer Journalismus hat seinen Preis

Es gibt keine Absicherung, kein Netz und keinen doppelten Boden. Es gibt allein die Verpflichtung zur Wahrheit. Trotzdem wirtschaftlich lebensfähig zu sein, ist die Herausforderung. Ja, das kann richtig unangenehm werden. Und ja, es kann auch die wirtschaftliche Existenz kosten.

Wer mit dieser Arbeit schon einmal ernsthaft beschäftigt war, kann die “1. Konferenz der Freien Medien” der AfD – Fraktion im Deutschen nur als Beleidigung an den eigenen Berufsethos verstehen. Das Wirtschaft und Politik versuchen Medienmacher für sich einzunehmen gehört zum Geschäft. Aber bitte nicht so plump und vor allen Dingen ohne Nachhilfestunden. Medienschulungen wie auch Konferenzen für Medienmacher, auch für unabhängigen Journalisten, gehören nicht in den Verantwortungsbereich der Alternative für Deutschland.