Aufregen ist gesund. Zugegeben nicht unbedingt für den Herzschwachen, aber gesund für die defizitäre “Meinungsbildungs-Kultur” in Deutschland. Hier gibt s nicht nur in gesellschaftlichen oder politischen Bereichen Nachholebedarf. Auch bei Themen aus dem Bereich Wirtschaft einstehen schnell irrationale Diskussionen.
Ein aktuelles Bespiel sind die “Endzeitkühe” von Katjes. Der Süßwarenhersteller hat einen Werbespot produzieren lassen, der Teile der Gesellschaft spaltet. Dieses mal verläuft die Trennlinie am Esstisch, zwischen Fleisch- und Pflanzenfressern, um es salopp auszudrücken.
Katjes bewirbt einen veganen Schokoriegel. Dafür nutz das Unternehmen die Diskussion, ob Nutztiere oder entsprechende Tierprodukte Nahrungsmittel sein dürfen. Dem BARNIMER ist kein Gesetz bekannt – das dem entgegen spricht. Das klingt für überzeugte “Pflanzenfresser” hart, ist aber so. Es geht also wieder einmal um eine moralische Diskussion. Und natürlich greift Katjes ganz tief in die Werbe-Psycho-Kiste. Der Spot zeigt eher südamerikanische Verhältnisse bei der Rinderhaltung, als deutsche.
Das Tier gezeigt als grundsätzlich geschundenes Wesen für menschliche Bedürfnisse. Alles düster, die Farbwahl angepasst, die Euter rot in Signalfarbe. Da hat sich schon jemand Gedanken gemacht. Und natürlich differenziert Katjes nicht. Warum sollten sie auch? Es ist schlicht und ergreifend die Strategie des Unternehmens, sich mit dem erhobenen Zeigefinger auf dem Markt zu präsentieren. Katjes rettet die Welt.
Wie die Menschheit in Zukunft mit Süßigkeiten ernähren? Dazu macht der Spot natürlich keine Aussagen. Man stelle sich ein sehr heruntergehungertes Kind vor, wie es sich freut – über die Veggie-Produkte der Firma. Nein ernsthaft, das Thema ist an dieser Stelle schon unter dem Begriff Marketingstrategie abzuhaken. Doch schauen wir noch ein bisschen weiter.
Öffentlichkeit hergestellt, strike
Es befördert den Süßwarenhersteller eher noch, wenn der Bayerischen Bauernverband und das Landvolk Diepholz beim Werberat Beschwerde eingereichen. Die Kühe würden als Milchmaschinen bezeichnet und den Haltern die Ausbeutung ihrer Tiere unterstellt. Katjes bediene ein falsches Bild von der Milchviehhaltung in Deutschland. Landwirte sehen sich diffamiert, denn landwirtschaftlichen Betriebe seien zu hohen Standards im Tierschutz verpflichtet. Der Werberat urteilt, die Kampagne ist nicht zu beanstanden. Katjes hat durch Fremdhilfe weitere Öffentlichkeit für seine Produkte geschaffen.
Aufmerksamkeit durch Nadelstiche
Und das tut die Firma immer wieder sehr erfolgreich in dem sie “provoziert”. Aktuell 2019 auch die Vorstellung des “Katjes Truck” auf dem CSD in Berlin. Und selbstverständlich knutschen darauf abgebildet, wie es sich für die Werbung gehört, sehr schöne Menschen. Warum eigentlich nicht – nicht so hübsche Frauen oder Männer? Auf YouTube schwurbelt die Firma in bekanntem Stil.
“Love is sweet! Auf dem CSD in Berlin haben wir mit unserem Katjes Truck Premiere gefeiert und mit der ganzen Hauptstadt Vielfalt, Toleranz und die Farben des Regenbogens zelebriert. jes jes jes!”
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=E_CCtkGr3o4
Sicherlich war Katjes auch über die Aufschreie durch den TV-Spot 2018 “Achte mal drauf” völlig überrascht. Wer hier von kalkuliert redet, der irrt ganz bestimmt. Doch wirklich. Eine Frau mit Kopftuch ist zu sehen. Über Hintergründe der Werbefigur finden sich auf dem YouTube-Channel des Unternehmens keine weiteren Angaben.
Ob Kopftuchfrauen, Homosexuelle oder Tiere – das Marketing der Firma ist dann doch recht durchsichtig. Ob es bei den Menschen ankommt – das zeigt sich am Einkaufsregal.