Bilanz: Fünf Jahre Rot-Rot in Brandenburg – Und weiter SPD

Die Landtagswahlen im Bundesland Brandenburg sind schon eine Weile vorüber. Die SPD siegte vor der AfD. Nun führen sie Sozialdemokraten Sondierungsgespräche, um eine Koalition bilden zu können. Während im Land auf die künftige Regierung aus wahrscheinlich SPD, CDU und Grünen gewartet wird, schaut DER-BARNIMER zurück auf die Arbeit der letzten Brandenburger Landesregierung.

Von 2014 bis zu den Wahlen in diesem Jahr regiert im Bundesland Rot-Rot. Ihre Ziele hatten die beiden Parteien im Koalitionsvertrag von 2014 festgelegt: “In Brandenburg werden wir in den kommenden fünf Jahren vor allem auf vier Gebieten mit großem Nachdruck in die Offensive gehen”, so heißt es in dem Papier. Nachfolgend sind dann folgende Punkte benannt.

Quelle: https://www.brandenburg.de/media/lbm1.a.4868.de/20141010-Koalitionsvertrag.pdf

Schauen wir uns nun die Ergebnisse dieser von Rot-Rot gesteckten Ziele an. Wie ist die Arbeit der alten Landesregierung zu bewerten? Welches Zeugnis kann man ihr ausstellen?

Tausende neue “Lehrkräfte”?

“Das eigentliche Problem ist, dass die Politik versagt hat, weil zu wenig Pädagogen in den letzten Jahren ausgebildet wurden”, dieses Zitat stammt von Brandenburgs Lehrergewerkschaftschef (GEW) Günther Fuchs, aus dem Frühjahr 2019.

Quelle: rbb24

In Folge gibt es schlicht und ergreifend immer noch zu wenig Lehrer. Dieses führt zu hohen Belastungen für die Pädagogen und zwangsläufig zu Schulausfällen. Auch die Verpflichtung sogenannte Seiteneinsteiger kann dieser Situation weder qualitativ noch quantitativ zufriedenstellend begegnen. In Brandenburg arbeiten laut Bildungsministerium an staatlichen Schulen inzwischen zwölf Prozent der knapp 20.000 Lehrkräfte ohne Lehramtsstudium, Tendenz ist steigend. Und nicht wenige von ihnen sind den Anforderungen im Schulbetrieb nicht gewachsen. So wurden seit 2017 rund 100 solcher Hilfskräfte wieder aus dem Schuldienst entlassen.

Als eher peinlich, ist die Reaktion des Bildungministeriums zum Thema Unterrichtsausfälle zu empfinden. Dieser sei im vergangenen Schuljahr um 0,1 Punkte gesunken.

Laut der Lehrergewerkschaft GEW seien im Osten Deutschlands in den 1980er Jahren sehr viele Lehrer eingestellt worden, nach der Wiedervereinigung bis etwa 2015 dann praktisch keine mehr. Grund dafür waren die sinkende Schülerzahlen, wegen eines massiven Geburtenknicks. Als sich die Anzahl der Schüler wieder erhöhte, hatten die alten Landesregierungen auf Grund mangelnder Vorsorge, den Anschluss an die heutigen Bedarfe verpasst. Auch die letzte Rot-Rote Regierung in Potsdam fand keine angemessenen Lösungen. Die eingestellten Hilfslehrer jedenfall sind maximal Resultat des Versagens. Denen will niemand ihren Einsatz absprechen, doch fundiert ausgebildete Pädagogen ersetzen sie oftmals eben nicht.

Sicherheitsoffensive gegen steigende Kriminalität?

Durch den Mainstream flatterten im Frühjahr 2019 Meldungen, nach denen Brandenburg so sicher wie noch nie sei. Ist dem wirklich so? Wie passen folgende Aussage, gefunden auf der Seite der Brandenburger SPD, zur “gesunkenen Kriminalität.

“Es braucht mehr Videoüberwachung öffentlicher Räume, Abschiebehaft für gefährliche Personen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, und eine Null-Toleranz gegen jede Form von Hassprediger.”

Quelle: https://www.spd-brandenburg.de/themen/sicherheit-in-brandenburg/

Und auch diese Zeilen gefunden in der Polizeilichen Kriminalstatistik, sorgt mindestens für Verwunderung, im “Bundesland der gesunkenen Kriminalität”.

„Die Anzahl der Straftaten mit Tatbeteiligung von Zuwanderern ist weiter gestiegen bei gleichzeitigem Rückgang der registrierten Gesamtkriminalität im Land Brandenburg“

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik für Brandenburg 2018

Im Grunde sind die Zahlen der PKS für Brandenburg 2018 schnell erklärt. Offensichtlich hat die Polizei gute Arbeit geleistet, geht es verallgemeinert gesprochen um die Aufklärungsquote von Straftaten. Diese hat sich in der Gesamtsumme positiv entwickelt. Rückläufig sind auch Straftaten im Bereich der Kleinkriminalität. Das kann bedeuten, sie finden ihr Fahrrad am Bahnhof wieder, wo sie es angeschlossen haben. Politisch motivierte Straftaten sind laut PKS ebenfalls gesunken. Zum Beispiel wurden weniger Asylbewerberheime angegriffen.

Hingegegen sind Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von 1434 auf 1959 Fälle gestiegen, ein Zehnjahreshoch.

Und entgegen dem Bundestrend hat Brandenburg auch mehr Drogentote zu beklagen. Noch 2017 waren es 30 Fälle. Die Zahl der Toten stieg auf 37 im Jahr 2018. Das ist der Höchststand für das Bundesland seit 20 Jahren.

Erschreckende 688 Delikte der „Gewaltkriminalität“, also Mord, Totschlag, Raub, gefährliche und schwere Körperverletzung plus 1.706 “einfache Körperverletzungen” zählt die Kriminalstatistik 2018. Dabei sind Ausländer bei Totschlagsdelikten laut PKS überrepräsentiert. Ihr Anteil hat sich binnen eines Jahres fast verfünffacht. Bei Vergewaltigungen und sexueller Nötigung waren Ausländer zu 27,8 Prozent, bei Sexueller Belästigung zu 36,5 Prozent Täter.

Diese Zahlen betrachtet, ist künftiger Handlungsbedarf für die Politik definiert. Die Selbsteinschätzungen der alten Landesregierung und ihrer Behörden können nicht überzeugen. Brandenburger Bürger kann die gesunkene Kleinkriminalität wenig beruhigen, wenn hingegen Gewaltkriminalität und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ernsthafte Gefahren darstellen.

Investitionsoffensive für Landstraßen und Infrastruktur?

Zur Infrastruktur gehört eindeutig die Digitalisierung. Hier ist hauptsächlich die Versorgung mit schnellen digitalen Netzen gemeint. Die Arbeit der alten Landesregierung zu beurteilen, braucht es nur ein paar Ausflüge in ländliche Regionen. Brandenburg ist nach wie vor Entwicklungsland, geht es um dieses Thema.

Die Schuld an diesem Zustand gibt die ehm. Rot-Rote Regierung gerne auch den Mobilfunk-Betreibern. Fakt ist, die Landesregierung hätte Anreize schaffen müssen, damit sich der Anschluss gesamt Brandenburgs auch für die Betreiber wirtschaftlich lohnt. Minusgeschäfte kann man von niemandem erwarten, der sich als Wettbewerber auf dem Markt behaupten muss. Definitiv passt der Zustand der digitalen Netze in ländlichen Gebieten aber zum Zustand der Straßen.

Ebenfalls mehr Engagement ist für den öffentlichen Nahverkehr nötig. Oftmals sind die Städte im Land schlecht oder auch gar nicht zu erreichen. Will man Pendlern ernsthaft ein Gegenangebot zur privaten Fahrzeugnutzung unterbreiten, ist die derzeitige Lage im brandenburgischen ländlichen Raum eher ein Witz, als ein gutes Zeugnis für die Arbeit der alten rot-roten Regierung. Jetzt noch über die Verfügbarkeit von Ärzten auf dem Lande zu reden, überfüllte das Dokument des Versagens.

Verwaltungsreformen für moderne öffentlichen Dienstleistungen?

„Ein wesentlicher Fehler war der, dass es in der ganzen Zeit keine Gespräche zwischen den Spitzenvertretern der Kommunen und Ministerpräsident Woidke gab.“

Quelle: maz-online /// Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds Karl-Ludwig Böttcher

Die Landesregierung hatte versucht eine Kreisreform über die Kommunen hinweg durchzupeitschen. Nach heftigem Widerstand der kommunalen Ebene wurden die Pläne im November 2017 zurückgezogen. Die als “Verwaltungsstrukturreform 2019” bezeichnete und von der brandenburgischen Landesregierung geplante Neuorganisation der öffentlichen Verwaltungen in Brandenburg, sollte sowohl eine umfassende Gebiets- als auch eine Funktionalreform beinhalten.

In ihrer Koalitionsvereinbarung für die 6. Wahlperiode legten die SPD und DIE LINKEN im September 2014 fest, dass sie eine umfassende Verwaltungsstrukturreform für nötig halten.

Das Scheitern der Reform gestand dann auch die mitregierende Linke ein. Gemeinsam teilten der Linke-Landesvorsitzende Christian Görke und Fraktionschef Ralf Christoffers mit: Es sei nicht gelungen, den Zusammenschluss von Landkreisen nachvollziehbar zu begründen.

„Demokratie muss ohne Brechstange auskommen und braucht Mehrheiten in Parlament und Gesellschaft.“

Quelle: morgenpost.de am 02.11.2017 // Erklärung: Linke-Landesvorsitzender Christian Görke und Fraktionschef Ralf Christoffers

Für die geplante Reform waren rund 400 Millionen Euro eingeplant. Nach dem Scheitern kündigte die Landesregierung an, aus nun freiwerdenden Mitteln über 200 Millionen Euro schwere „Infrastrukturfonds“ zu schaffen, um mehr in Schulen und Straßen, in Schienen und Digitalisierung zu investieren. Wie viel Geld der ursprünglich geplanten 400 Millionen Euro, die gescheiterte Reform sinnloser Weise verbraucht hat, wird wahrscheinlich kaum noch 100prozentig zu klären sein.

Und dennoch, weiter geht es für die SPD wahrscheinlich mit Schwarz, Grün.

Zusammenfassend bleibt wohl nur festzustellen, die alte Rot-Rote Landesregierung hat keinen ihrer beschriebenen vier Schwerpunkte zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Dennoch wird mindestens die SPD weiter in Brandenburg regieren. Das haben die Wähler so entschieden. Woher das Vertrauen nach dem Motto kommt, dieses mal wird es schon gelingen, ist schwer nachvollziehbar. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung ja zuletzt.