Ein Paradebeispiel dafür, wie Journalisten und Politiker versagen können, liefert ein ZDF-Interview mit Björn Höcke. Dieses ist seit dem 15.09.2019 auch auf Youtube zu finden ist. Der Journalist des ZDF David Gebhard will den AfD-Mann zu dessen bundespolitischen Bedeutung, für das Format “BerlinDirekt” befragen. Höcke glaubt, dass es darüber hinaus auch Fragen zur anstehenden Landtagswahl in Thüringen geben wird. Der Journalist will von diesem Thema aber nichts wissen.
Grotesker Start: Hitler und Höcke im Vergleich
Das ZDF hat im Stil schlimmster Propagandamittel einen Video-Beitrag als Einspieler hergestellt. AfD-Bundestagsabgeordneten werden Zitate vorgelesen. Vor der Kamera sollen sie entscheiden, handelt es sich um ein Hitler- oder ein Höcke-Zitat. An dieser Stelle wird klar wohin der ZDF-Mann David Gebhard will. Die befragten AfD´ler antworten fast übereinstimmend, sie kennen weder alle Höcke-Aussprüche, noch hätten sie “Mein Kampf” gelesen. Sie könnten das Zitat nicht zuordnen.
Die Falle schnappt zu
Es ist als hörte man die gestellte Falle zuschnappen. Dazu brauchte es nur das gern bemühte propagandistisches Mittel, jenes das Meinungskorridore schafft. Die Rede ist von PC in unserer Sprache. Diese wurde über Jahrzehnte in die Zwangsjacke der Political Correctness gedrückt. Und wieder ist ersichtlich, wie gefährlich diese Form Beschneidung ist. Wenn Sprache verteufelt und unfrei wird, beschränken sich die Möglichkeiten des Antwortens. Sind die Bürger erst darauf trainiert, das Spiel mitzumachen, etwas nicht sagen oder schriftlich formulieren zu dürfen, weil ein alter Machthaber, Despot oder Verbrecher ähnliche Worte nutzte, dann ist es gelungen freie Meinungsäußerung zu beschränken, ggf. sie angreifbar zu machen.
Rund 350 000 Wörter soll es in der deutschen Sprache geben.
Der aktive Wortschatz eines deutschen “Durchschnittssprechers” wird auf 12 000 bis 16 000 Wörter geschätzt, eingerechnet etwa 3500 Fremdwörter. Etwa 1500 verschiedene Worte soll der Durchschnittsdeutsche am Tag verwenden. Damit wären also die meisten Bürger innerhalb von knapp zehn Tagen mit dem aktiven Wortschatz durch.
Es ist also schon aus rein praktischen Erwägungen etwas skurril, wenn Wortverbote aus politischer Korrektheit gefordert werden. Irgendwann hat sicher irgendwer, dem die heutige Gesellschaft nicht hinterhertrauert, irgendetwas gesagt, was in einer entsprechenden Wortschatzbeschneidung münden würde. Grundsätzlich gilt also, was im Duden steht, das darf auch gesprochen oder geschrieben werden. Es muss vielmehr darum gehen, auch für Journalisten, zu hinterfragen, was sollen die Worte ausdrücken, nicht was könnte oder will man interpretieren.
Wir lassen doch nicht eines unserer bekanntesten Parteimitglieder mit Hitler in Vergleich setzen. …umdrehen und gehen.
Das wäre eine angemessene Reaktion der AfD´ler gewesen, die wie oben beschrieben im Vorfeld des Höcke-Interviews befragt wurden. Doch da stellt sich die Partei noch dusselig an. Der Einspieler war auf jeden Fall grotesk. Bei jedem Mitglied einer anderen Partei, hätte er das Ende des Gesprächs bedeutet. Doch die Alternative für Deutschland lässt sich immer wieder in entsprechende Ecken drängen, indem sich zu viele ihrer Vertreter oder Anhänger erklären, wo es nichts zu erklären gibt.
Auch Höcke lässt sich catchen
Und auch Höcke macht den Fehler. Mehrmals rechtfertigt er seine ihm eigene Ausdruckweise. Er begründet mit Fakten oder Einordnungen. Nur die will das ZDF vor der Landtagswahl in Thüringen gar nicht hören. Der Propagandist, einen Journalisten vermisst man bei dem besagten Gespräch, will einen Höcke-Hitler-Vergleich. Diesen anzustreben ist so unterirdisch, so niveaulos, so platt und durchsichtig, wie die ganze Staatsfunkabteilung, die ihn ersonnen hat.
Doch Höcke lässt sich fangen. Er zeigt Nerven, wo Lächeln alles ausreichend sagt. Er konnte doch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass “BerlinDirekt” seine Positionen für die Landtagswahl hinterfragt oder über seine Zukunftsvisionen für Thüringen reden will.
Und dann im Hintergrund noch sein Pressesprecher, der mit seinen Aussagen die eigentliche ZDF-Story liefert. Was hat der denn geglaubt, was daraus gemacht wird, wenn er darum bittet, noch einmal neu anzusetzen? Höcke wirkt zu diesem Zeitpunkt frustriert, ja sogar hilflos. Überflüssig auch seine Androhung, die Art und Weise wie das Interview geführt wird, wird Konsequenzen haben, in der Zusammenarbeit – Zusatz – wenn er mal eine bedeutende Persönlichkeit sein könnte. Spätestens da merkt der Zuschauer, Höcke ist gerade überfordert.
Wie hätte es Sinn gemacht, zu reagieren?
Beide Seiten berichten von einem Interview mit einer geplanten Länge von rund 10 Minuten. Höckes Pressesprecher hätte das Interview nach dieser Zeit beenden sollen, ggf. Höcke selbst. Mit einem Hinweis auf einen engen Zeitplan und Folgetermine, hätte das ZDF nur einen weiteren peinlichen Propaganda-Versuch im Kasten gehabt.
Wenn so klar wird wohin die Reise geht, ist es unnütz noch auf Sachfragen hinarbeiten zu wollen. Diese werden nicht stattfinden. Ab dem Moment, in dem der interviewte Höcke emotional wird, beginnt für den ZDF-Mann erst die eigentliche Story. Und genau dieser Teil wird nun feierlich im Mainstream ausgeschlachtet. Am Ende ist es, nach propagandistischen Maßstäben, für das ZDF bestens gelaufen. Doch den Beobachter beschleicht das Gefühl, es ging von Anfang an um einen Skandal. Der Abbruch des Interviews, der unter den entsprechenden Umständen zu erwarten war, passt da super. Das Ganze hat nur mit Journalismus nicht viel zu tun. Aber nun gut. Wir reden vom ZDF.